Osterode braucht eine Mittelschule
Herzberger Zeitung ?
vom Samstag, 15. Februar 1964
Einstimmigkeit im Rat — Ausführungen von Rektor Friedrich Kirchner
Osterode. Erstaunlich ruhig verlief in der letzten Ratssitzung die Debatte über die Planungen für einen Mittelschul-Neubau in der Sösestadt. Man war sich im Rat darüber einig, daß man sie braucht, daß die Röddenbergschule als Aufbauzug nicht ausreicht und die Jacobitorschule ungeeignet ist und auch Ratsherr Zischkaie wagte in langatmigen Ausführungen die „Flucht nach vorn", wie Bürgermeister Dr. Krome sich ausdrückte und gesellte sich zur Masse des Rates und der Stimme der Vernunft.
Die einzelnen Beschlüsse haben wir bereits erwähnt, die zur Planung führen für diese Schule, die nicht allein für Osterode gebaut werden kann, denn 45 Prozent der Schüler werden vermutlich von außerhalb der Stadt kommen. Im folgenden bringen wir einen Beitrag vom Rektor der Röddenbergschule, Friedrich Krichner zu diesem Thema: In der am Dienstag, 11. Februar, stattgefundenen Ratssitzung unter Vorsitz von Bürgermeister Dr. Krome wurde einstimmig beschlossen, den Aufbauzug (verkürzte Mittelschule) der Schule auf dem Röddenberg in eine vollausgebaute sechsstufige Mittelschule — möglichst 1965 — umzuwandeln. Die ansprechenden Anträge sollen bei dem Kultusminister des Landes Niedersachsen gestellt werden. Damit ist ein schwerwiegendes Problem, das Osterodes Einwohner, Eltern- und Lehrerschaft, Rat und Verwaltung bewegt, der endgültigen Lösung näher gebracht worden.
Ein letzter Anstoß war, daß nach Abschluß des Ausleseverfahrens im Januar 1964 94 Schüler als geeignet befunden wurden, einen Aufbauzug zu besuchen, und daß die Aufnahme dieser Schüler die Einrichtung einer dritten Anfängerklasse erforderlich macht. Landesüblich in Niedersachsen ist jedoch, daß Aufbauzüge ein- und zweizügig, aber nicht dreizügig sind. Wir finden deshalb in Niedersachsen immer wieder Beispiele, daß Aufbauzüge mit hohen Schülerzahlen in grundständige Mittelschulen umgewandelt werden (u. a. Hann. Münden). Unvoreingenommen läßt sich aus amtlichen Verlautbarungen des Statistischen Bundesamtes n Wiesbaden feststellen, daß die Mittelschule als selbständige Säule unseres Schulwesens neben der Volks- und der höheren Schule größte Anerkennung und Zustimmung in der breitesten Öffentlichkeit gefunden hat.
Auch in Osterode ist von Eltern- und Wirtschaftskreisen die Umwandlung des vierstufigen Aufbauzuges in eine sechsstufige Mittelschule gefordert worden. Es ist einleuchtend, daß ein verkürztes vierstufiges Mittelschulsystem immer die Gefahr der Überforderung der Schüler mit sich bringt. Das Fehlen einer zweiten Femdsprache Französisch, die dem Aufbauzug versagt ist, wird als Mangel empfunden, und stellt besonders bei Übergängen zum Gymnasium ein schweres Hindernis dar. Manche Begabung, die sich erst später zeigt, kann dadurch nicht gefördert werden. Da Osterode außerdem Patenstadt von Armentieres ist, wird der Französisch-Unterricht sehr begrüßt.
Hart betroffen sind nach Osterode zugezogene Familien, deren Kinder bisher Mittelschulen besucht haben, und die nun, wenn sie Schüler der 5. und 6. Mittelschulklassen sind, im Aufbauzug nicht untergebracht werden können. Ein Aufbauzug kann in Städten, in denen das Bedürfnis für eine Mittelpunktschule vorhanden ist, nur als Übergang aufgefaßt werden. Beispiele im Kreis stellen die Städte Bad Lauterberg, Bad Sachsa und Herzberg dar, deren Aufbauzüge durch den Herrn Kultusminister schon vor längerer Zeit in Mittelschulen umgewandelt worden sind.
Osterode hat im Aufbauzug auf dem Röddenberg schon heute die stattliche Zahl von etwa 300 Schülern, die in acht Klassen unterrichtet werden. Es steht zu erwarten, daß eine Mittelschule 480 und mehr Schüler haben wird, für die 15 bis 18 Klassen erforderlich wären. Mit dem Beschluß vom 11. Februar ist der Rat der Stadt den Wünschen weiter Bevölkerungskreise entgegengekommen.