Im Osteroder Kreis-Anzeiger 100 Jahre zurückgeblättert (1890)
Aus der Provinz
Osterode, den 22. Juli 1890.
Der Umsicht des Wachtmeisters Kellner hierselbst gelang es, am Sonnabend einen Pferdedieb dingfest zu machen. Letzterer, der Knecht Schünemann aus Gr.-Rhüden, hatte seinem Brotherrn, dem Mühlenbesitzer Dröge zu Engelade, in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend ein Pferd gestohlen und war damit auf und davon geritten, um es in der Umgegend von Osterode zu verkaufen. Herr Kellner brachte aber den Diebstahl rechtzeitig in Erfahrung, zog Civilkleidung an und begann die Verfolgung. Der Dieb kam denn auch nicht weit, da er bereits hinter Schloß und Riegel saß, als Herr Dröge sich noch auf der Suche nach seinem Pferde befand.
Northeim. — Die diesjährige Studienreise der Forstacademie Eberswalde vom 12. bis 22. August unter Führung des Academiedirectors, Oberforstmeister Danckelmann, wird auch den südlichen Theil unserer Provinz berühren. Unsere Stadt bildet dann vom 17. bis 21. August das Hauptquartier für die Excursion. Von hier aus werden am 17. August die Wiederaufforstungen besichtigt. Am 18. August findet ein Besuch der Oberförsterei Kupferhütte bei Lauterberg, am 19. August ein solcher der Oberförsterei Catlenburg, am 20. August ein Ausflug nach der Oberförsterei Riefensbeek bei Osterode und am 21. August die Abreise von hier nach Uslar und Paderborn statt. An der Reise werden sich vier Professoren und etwa sechsundzwanzig Studirende betheiligen.
Vermischtes
Remscheid. — Die in letzter Zeit erfolgten scharfen Urtheile der Schöffengerichte in hiesiger Gegend dürften manche rohen Burschen, welche glauben, ihr Müthchen an ruhig des Weges fahrende Radfahrer kühlen zu können, zur Einsicht bringen. Im vorigen Herbst wurde ein junger Mensch, welcher einen Lenneper Radfahrer zu werfen versucht hatte (getroffen wurde der Radfahrer nicht), zu einer vierwöchentlichen Haft verurtheilt. Am vorigen Freitag wurde dem hiesigen Schöffengericht ein Schleifer vorgeführt, welcher des Unfuges, verübt an einem Radfahrer, angeklagt war. Der Sachverhalt war kurz folgender: Unser Sportscollege hatte sein Hochrad vor ein Wirthshaus gestellt, um sich durch einen Trunk zu stärken. Der Angeklagte hat sich an die Maschine herangeschlichen, die Laterne gelockert und sich schnell entfernt. Kaum hatte der Radfahrer sein Rad bestiegen und bei dem sehr starken Gefälle in ein flottes Tempo gekommen, gerieth die Laterne in die Radspeichen und der Fahrer stürzte kopfüber. Nasenbein und Stirn wurden ziemlich stark verletzt. Der Amtsanwalt glaubte in Anbetracht der hier vielfach vorkommenden Belästigungen der Radfahrer ein Exempel statuiren zu müssen und beantragte gegen den Angeklagten eine Gefängnisstrafe von 2 Monaten. Das Schöffengericht verurtheilte den Schleifer zu einer Gefängnisstrafe von 1 Monat, sowie in die Kosten des Verfahrens.