Schwiegershausen im Wandel der Jahrhunderte (Seite 41-44)
Osteroder Kreis=Anzeiger vom 26.01.1989
Schwiegershausen im Wandel der Jahrhunderte
Von Wilhelm Ehrhardt - Fortsetzung
Dann kam der Weltkrieg. Die Not schweißte die gesamte Bevölkerung Deutschlands noch einmal zu einer undurchdringlichen Phalanx zusammen. Gegen eine Welt von Feinden hat das deutsche Volk seine Grenzen geschützt. Zermürbt durch Ernährungsschwierigkeiten, wurde Deutschland überwunden. Waffenstillstands- und Friedensbedingungen wurden ihm diktiert, welche in ihrer Härte einzig dastehen in der Weltgeschichte.
Dann kam die Zwangswirtschaft, Inflation und all die üblen Folgeerscheinungen des verlorenen Krieges, welche sich auch hier am Ort verheerend auswirkten. Eine kurze Scheinblüte der Landwirtschaft konnte über den Verfall der Gesamtwirtschaft nicht hinwegtäuschen. Die deutsche Landwirtschaft geht ihrem Untergang entgegen, wenn nicht schleunigst Abhilfe geschaffen wird.
Folgende Brände haben in den letzten 70 Jahren hier gewütet:
1. April 1867 brannte das Haus des Schmieds Wassermann ab. Ein Neubau kam noch in demselben Jahre zustande.
Im Oktober 1873 brannte das Haus des Ackermanns Wilh. Schmidt auf dem Berghofe ab. Auf der Brandstätte sind später zwei neue Häuser entstanden.
Im Oktober 1882 brannten daselbst die Häuser von Hoffmeister, Friedrich und Heinrich Waldmann ab. Die letzten beiden sind wieder erbaut.
Am 14. September 1890 fand ein großer Brand auf dem Anger statt, welcher acht Wohnhäuser und die dazugehörenden Wirtschaftsgebäude bis auf den Grund zerstörte.
1905 und 1906 brannten dann noch die Häuser des Schneiders Rusteberg
und des Zimmermanns Sonntag ab. Beide Häuser sind wieder neu erbaut.
Ferner wurden vor etwa acht Jahren bei einem schweren Gewitter zwei Häuser durch Blitzschlag eingeäschert (Haus-Nr. 77 und 78). Beide Häuser sind nicht wieder aufgebaut.
Im Juni 1889 ermordete die Ehefrau Blume, geb. Beushausen, ihre drei Stiefkinder und deren Großmutter, die Witwe Hüddersen, und erhängte sich dann.
Im Jahre 1927 wurde eine Gemeindewasserleitung erbaut. Die Kosten beliefen sich auf 116.000 Mark. Der größte Teil der Summe ist der hiesigen Spar- und Darlehnskasse entliehen. Im Herbst 1931 ist in der hiesigen Kirche eine Heißluftheizung angelegt.
Die Lage der allgemeinen deutschen Wirtschaft wie auch die Lage der Wirtschaft hier am Orte ist sehr ernst. Doch hieß es an der Zukunft des deutschen Volkes verzweifeln, wenn wir je die Hoffnung auf eine Besserung aufgeben würden.
3. Kulturelle Entwicklung
Dem Namen nach hatte Karl der Große die Sachsen unterworfen und für das Christentum gewonnen. Aber es dauerte noch Jahrhunderte, ehe unsere Vorfahren die christliche Heilslehre in ihrem ganzen Werte erkennen lernten. Es bedurfte der ganzen Klugheit und Geduld der geistlichen Hierarchie, um unter Anlehnung an frühere heidnische Feste und Gebräuche dem Volke den Wert des Christentums näher zu bringen. Man mag über den praktischen Wert der jahrhundertelangen Kämpfe der römisch-deutschen Kaiser in Italien denken wie man will. Es ist doch nicht zu leugnen, daß der Umgang der Deutschen mit Völkerschaften, welche schon länger dem Christentum angehörten, veredelnd auf sie gewirkt hat. Auch die gemeinsamen Kreuzzüge des Abendlandes schufen Opferwilligkeit und Begeisterung für die bedrohte Religion. Inwieweit unsere Vorfahren in Schwiegershausen an diesem Aufschwung teilgenommen haben, läßt sich nicht mehr feststellen.
Durch einen besonderen Glücksfall wurde Schwiegershausen kirchlich selbständig. Als im Jahre 1554 die St. Marienkirche zu Osterode baufällig wurde und dann auch einstürzte, bewarb sich der dortige Pfarrer Hans von Einem um die Stelle in Schwiegershausen und wurde vom Superintendenten Andreas Domeier mit fürstlicher Genehmigung in Schwiegershausen eingeführt. Die nötigen Kirchengeräte nahm er einstweilen mit nach Schwiegershausen, mußte sie aber 1558 wieder herausgeben. Der neue Pastor war verheiratet und ein Teil seiner Familie wurde später in Schwiegershausen ansässig. Der Name von Einem hat sich bis auf den heutigen Tag in Schwiegershausen erhalten. Während der Amtszeit des Pastors von Einem statteten die Patrone der Kirche zu Schwiegershausen, die Herzöge Philipp und Wolfgang zu Herzberg, Kirche und Pfarre freigebig mit Grundbesitz aus. Die bisherige Kapelle wurde zur Kirche erweitert, ein Pfarrhaus erbaut und wahrscheinlich auch der Küsterdienst eingerichtet. Man liest in der Folge wohl von dem Opfermann, wenn auch ohne Namensangabe. Wann ein Schulbetrieb eingeführt ist, läßt sich heute nicht mehr sagen. Man darf für das ganze 17. Jahrhundert nicht an einen Schulbetrieb im heutigen Sinne denken.
(wird fortgesetzt)
Archiv: Osteroder Kreis-Anzeiger